Timmendorf-Nordmole und Jäckelberg-Nord

Erste Untersuchungsergebnisse zu submarinen Siedlungsplätzen der endmesolithischen Ertebølle-Kultur in der Wismar-Bucht, Mecklenburg-Vorpommern

von Dr Harald Lübke

Veröffentlicht in Nachrichtenblatt Arbeitskreis Unterwasserarchäologie, Band 7 - 2000

Abstract

The Wismar Bay belongs to the Mecklenburgian Bay of the south-western Baltic Sea and is separated by shoals from the open sea. In prehistoric time it must have been a fjord extending deeply into the morainic landscape of Mecklenburg. Since 1998 investigations on submarine Stone Age settlements took place in this area – until now 12 new sites were discovered with different degrees of preservation of cultural remains. These sites are submerged as a result of sea level changes in the Baltic Sea following the last Ice Age.

The oldest site up to now is situated north of Poel on the northern edge of the shallow "Jäckelberg". Parts of the old refuse layers on the shore were preserved in the peat sediment. According to the first 14C dates, this site dates back to 5300 - 5100 calBC, and can thus be assigned to the early Ertebølle period.

The most important site so far is "Timmendorf-Nordmole", a coastal settlement of the late Ertebølle culture on the western coast of the Island of Poel. While the settlement area – except of some pits – is extensive eroded, the associated refuse layers contain a large number of implements of flint, bone, antler, ceramic and wood in a well-preserved state.

The subsistence was based mainly of marine resources. This is well-documented by wooden prongs and bone points of fishing spears, wooden sticks as probable remains of fish weirs, antler harpoons, paddles, fragments of a log boat and a large number of bones of fish (especially eel and cod), sea mammals and birds. In contrary red deer, roe deer or wild boar are represented by a few bones only.

Decorated rim sherds, core axes with specialised cutting edge, truncated blades with basal shaft retouch and small transverse arrowheads indicate that the site belongs to the younger Ertebølle culture. Accelerator radiocarbon dates of charred food-waste on ceramics and animal bones show that the site was in use during the period from 4400 to 4100 calBC. In view of the results of a new site Wangels LA 505 in Ostholstein, excavated by S. Hartz, we are now able to prove that at the German Baltic coast the Ertebølle culture was replaced by the Funnel Beaker culture not earlier than 4100 calBC.

(The article can be roughly translated with Systran or Altavista. A complete version in English for publication can be ordered from the author.)

Abb. 1. Bathymetrische Karte der Wismar-Bucht. (Grafik H. Lübke, LBD).

Zusammenfassung

Die Wismar-Bucht gehört zur Mecklenburger Bucht der südwestlichen Ostsee und ist durch Untiefen von der offenen See getrennt. In prähistorischer Zeit muß sie eine fjordartige Bucht gewesen sein, die tief in die Mecklenburger Jungmoränenlandschaft hineinreichte. Seit 1998 finden Untersuchungen zu submarinen steinzeitlichen Küstensiedlungsplätzen in dieser Region statt – bisher konnten zwölf neue Stationen mit unterschiedlichen Erhaltungsbedingungen für archäologische Hinterlassenschaften neu entdeckt werden.

Der bisher älteste Fundplatz befindet sich nördlich von Poel am nördlichen Rand der Untiefe Jäckelberg. Eingebettet in limnisch-marine organogene Sedimente sind Teile der ehemaligen Abfallzone im Uferbereich der damaligen Siedlung erhalten. Nach den ersten vorliegenden 14C-Ergebnissen datiert die Station auf 5300 - 5100 v. Chr. und gehört zur frühen Ertebølle-Kultur.

Der bedeutendste Fundplatz ist "Timmendorf-Nordmole", ein Küstensiedlungsplatz der Ertebølle-Kultur an der Westküste der Insel Poel. Während das eigentliche Siedlungsareal – abgesehen von einzelnen Gruben – weitgehend erodiert ist, enthalten die randlichen Siedlungsschichten eine große Anzahl von Flint-, Knochen-, Geweih- und Holzartefakten sowie Keramikscherben in einem hervorragenden Erhaltungszustand.

Die Subsistenzwirtschaft basierte vor allem auf der Nutzung mariner Ressourcen. Darauf weisen zahlreiche Aalstechersprossen, Reste von Fischzäunen, Geweihharpunen, Paddel sowie Fragmente eines Einbaums hin. Außerdem sind zahlreiche Knochen von Fischen (besonders Aal und Dorsch), Seesäugern und Seevögeln vorhanden, während der Anteil von Landsäugern wie Rothirsch, Reh oder Wildschwein geringer ausfällt.

Verzierte Randscherben, Beile mit spezialisierter Schneide, Hohlendklingen mit kräftiger Schaftretusche und kleine querschneidige Pfeilspitzen zeigen, dass der Fundplatz zur jüngeren Ertebølle-Kultur gehört. Accelerator-Radiokarbondaten von verkohlten Speisekrusten an Keramik, Tierknochen und Holzgeräten belegen, dass die Siedlung zwischen 4400 und 4100 v. Chr. bestand. Gemeinsam mit dem von S. Hartz untersuchten Fundplatz Wangels LA 505, Kr. Ostholstein, ist die Station "Timmendorf-Nordmole" ein weiterer Beweis dafür, dass die Ablösung der endmesolithischen Ertebølle-Kultur durch die frühneolithische Trichterbecherkultur nicht vor 4100 v. Chr. erfolgt.


 

Die Untersuchung der steinzeitlichen Besiedlungs- und Kulturgeschichte an der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns stellt bisher ein Desiderat der archäologischen Landesforschung dar. Dies ist vor allem darin begründet, dass Siedlungsplätze dieser Zeit infolge des nacheiszeitlichen Meeresspiegelanstiegs heute unter Wasser liegen und systematische unterwasserarchäologische Forschungen vor 1989 in Mecklenburg-Vorpommern nicht möglich waren. In den vergangenen Jahren ist es gelungen, in der Wismar-Bucht mehrere submarine Siedlungen des Endmesolithikums und des Frühneolithikums aufzufinden. Dazu gehören auch Stationen mit einer ausgezeichneten Erhaltung organischer Hinterlassenschaften, deren Erforschung weitreichende Einblicke in die Subsistenzstrategien und in die materielle Kultur der damaligen Gemeinschaften erlaubt. Außerdem konnten verläßliche meeresgeologische Daten zum Verlauf der Litorina-Transgression in dieser Region gewonnen werden, die für eine Rekonstruktion der Küstenentwicklung der Ostsee erforderlich sind. In dem nachfolgenden Beitrag soll über die wichtigsten seit 1998 erzielten Ergebnisse berichtet werden.

Der gegenwärtige Kenntnisstand zum Neolithisierungsprozess im Bereich der deutschen Ostseeküste beruht im wesentlichen auf der Untersuchung von Siedlungsplätzen im nordöstlichen Holstein. In den siebziger Jahren erfolgten in Grube-Rosenhof (Schwabedissen 1972; 1979a; 1979b; 1994; Hartz 1999) und Siggeneben, Kr. Ostholstein (Meurers-Balke 1983; 1994), Ende der achtziger bis Anfang der neunziger Jahre im Travetal in den Kreisen Segeberg und Stormarn (Heinrich 1993; Hoika 1993, Bokelmann 1994; Wiethold 1998; Hartz 1997; Lübke 1997; 2000) sowie zuletzt in Wangels, Kr. Ostholstein (Hartz 1997/98; ders. u.a. 2000; im Druck), umfangreiche Ausgrabungen auf Fundplätzen der endmesolithischen Ertebølle- und der frühneolithischen Trichterbecherkultur, die zu einem erheblichen Erkenntnisfortschritt geführt haben. Auch an der polnischen Ostseeküste konnte in den achtziger Jahren bei Dabki erstmals ein Fundplatz der Ertebølle-Kultur ausführlicher erforscht werden (Ilkiewicz 1989; 1991; 1997).

Abb. 2. Übersicht der neu entdeckten submarinen steinzeitlichen Fundstellen in der Wismar-Bucht. 1 Poel 16 (Jäckelberg-Nord), 2 Poel 12 (Timmendorf-Nordmole), 3 Poel 15 (Timmendorf-Tonnenhaken). (Grafik H. Lübke, LBD).

Anders als in den beiden Nachbarregionen sind in Mecklenburg-Vorpommern seit den in den sechziger Jahren durchgeführten begrenzten Sondagen der Küstensiedlungsplätze Ralswiek-Augustenhof und Lietzow-Buddelin auf Rügen (Gramsch 1966; 1971; 1973; 1978; Wechler 1993) keine weiteren systematischen Untersuchungen steinzeitlicher Küstensiedlungsplätze unternommen worden. Hinzu gekommen ist lediglich weiteres Fundmaterial verschiedener Baggerfundstellen entlang des Strelasundes (Gramsch 1973; Heidelk-Schacht 1984; Mertens 1996; Terberger 1999; Lübke u. a. 2000), das wegen der fehlenden stratigrafischen Beobachtungen nur bedingt auswertbar ist. Den bisherigen Tierknochenuntersuchungen und Pollenanalysen (Lange u. a. 1986; Teichert 1989; Lehmkuhl 1989; 1993) zufolge soll in Vorpommern trotz der räumlichen Nähe zu den im Odertal beheimateten altneolithischen Kulturen sowie nachweisbarer Kulturkontakte (Berlekamp 1969; Heussner 1989; Wechler 1993; Terberger 1999) keine Übernahme agrarischer Elemente durch die dort beheimatete Lietzow-Gruppe der Ertebølle-Kultur statt-gefunden haben. Aktuelle 14C-AMS-Analysen verkohlter Speisekrusten früher Trichterbecherkeramik der Baggerfundstelle Parow Fpl. 4 (Mertens 1996) ergaben, dass die Ablösung der Lietzow-Gruppe durch die Trichterbecherkultur zwischen 4100 und 4000 v. Chr. geschehen ist (Lübke u.a. 2000).

Während es im Endmesolithikum demnach in Vorpommern ähnlich wie in Südskandinavien nicht zur Übernahme agrarischer Elemente gekommen sein soll, sind an der ostholsteinischen Küste erste Ansätze von Pflanzenanbau und Viehhaltung nachweisbar (Kalis u. Meurers-Balke 1998) – auch wenn hier ebenso wie im Norden die Subsistenzwirtschaft noch weitgehend auf Jagd und Fischfang basierte. Erst zwischen 4100 und 4000 calBC verlor aneignende gegenüber produzierender Wirtschaftsweise endgültig an Bedeutung und die großen Küstenstationen wurden zugunsten kleinerer Siedlungseinheiten aufgelöst. Offensichtlich unter Einfluss der expansiven älteren Michelsberger Kultur (Gleser 1998; Lüning 1998), deren Einflussnahme auch in Inventaren der ältesten Trichterbecherkultur südlich der Elbe zu beobachten ist (Leiber 1983; Rinne u. Heege 1993; Siegmund 1993; 1994; Knoche 1998; Richter 1998; 1999), kam es zur Übernahme neuer keramischer Formen und zur Ablösung der endmesolithischen Ertebølle- durch die frühneolithische Trichterbecherkultur (Hartz 1997/98; Hartz u. a. 2000; im Druck). Dabei hat der ökonomische Wandlungsprozess am Ende des 5. vorchristlichen Jahrtausends in Norddeutschland zunächst nur an der Küste stattgefunden, denn im Binnenland Schleswig-Holsteins dominierte noch bis zur Mitte des 4. Jahrtausends Jagd- und Sammelwirtschaft. Erst zu Beginn des jüngeren Nordischen Frühneolithikums (FN II) setzten sich auch hier Viehhaltung und Pflanzenanbau endgültig durch (Hoika 1993; Lübke 2000).

Abb. 3. Poel 16, Ostsee II (Jäckelberg-Nord). Ausstreichende organogene Sedimentbank mit archäologischen Funden in 7 m Wassertiefe (Foto H. Lübke).

Aufgrund dieser deutlichen Unterschiede im Neolithisierungsprozess an der deutschen Ostseeküste ist eine Untersuchung weiterer endmeso- und frühneolithischer Küstenstationen sinnvoll, um ein ökologisch-ökonomisches Profil entlang der südlichen Ostseeküste erstellen zu können. Dieses ist aber infolge des rapiden eustatischen Meeresspiegelanstiegs während der Litorinatransgression ausgesprochen schwierig. So waren von der Küste des westlichen mecklenburgischen Landesteils bislang nur Streufunde dieser Zeitstellung bekannt. Spät- und endmesolithische Fundstellen müssen heute in Wassertiefen von bis zu 10 m erwartet werden, z.T. wohl auch noch tiefer. Hinzu kommt, dass potentielle Siedlungsareale an früheren Flussmündungen, Buchtausgängen oder auf Nehrungshaken vor offenen Strandseen aufgrund der fortschreitenden Transgression häufig durch Wellenerosion und jüngere Strandwallgenerationen zerstört oder durch jüngere Sedimente überlagert sind, so dass die Lokalisierung aussagekräftiger Fundstellen mit gut erhaltenem Fundmaterial erschwert wird.

Abb. 4. Poel 16, Ostsee II (Jäckelberg-Nord).
Holzpfostenstumpf. (Zeichnung J. Freigang, LBD).

Gute Voraussetzungen für die Erhaltung submariner Fundstellen sind in der Regel in Küstenabschnitten gegeben, die im Verlauf der Litorinatransgression nicht von intensiven küstendynamischen Prozessen betroffen waren oder die bereits früh durch vorgelagerte Nehrungshaken vor weiteren Veränderungen abgeschirmt wurden (Hartz u. Lübke 1995; Lübke u. a. 1995). Ein Beispiel dafür ist die weit in die hügelige Grundmoränenlandschaft Nordwest-Mecklenburgs eingeschnittene Wismar-Bucht, die im Nordwesten durch die flachen Gründe Hannibal und Lieps von der 15 m tieferen Mecklenburger Bucht geschieden wird (Abb. 1). Zwischen diesen Untiefen und der südöstlich gelegenen Insel Poel führt ein schmales, mehr als 10 m tiefes Rinnensystem in südwestlicher Richtung bis zur Wohlenberger Wiek, einem bis zu 10 m tiefen Becken im Westen der Bucht. Westlich der Insel Poel wird diese Rinne von kleineren bis auf -3 m NN aufragenden Untiefen flankiert. Südlich der Wohlenberger Wiek und der Insel Poel schließt sich die innere Wismar-Bucht an, ein Flachwassergebiet von maximal 3 bis 4 m Wassertiefe und breiten ufernahen Zonen von maximal -1 mNN (Müller u.a. 1997; v. Weber u. Gosselck 1997). Aufgrund dieser Topographie muss die Wismar-Bucht bei entsprechend niedrigeren Wasserständen während des Endmeso- und Frühneolithikums (Klug 1980; Klug u.a. 1974; Kolp 1981; Kliewe u. Jahnke 1982; Schuhmacher 1991; Pirrazzoli 1991) eine fjordartige Bucht mit einzelnen größeren Becken und kleineren Inseln gewesen sein; vergleichbar der Schlei in Schleswig-Holstein oder dem Roskilde Fjord auf Seeland.

Insbesondere dänische Untersuchungen (Sørensen 1983; Fischer 1995; Johansson 1995) haben gezeigt, dass solche Buchten im Spät- und Endmesolithikum ein bevorzugtes Siedlungsareal der damaligen Jäger-, Sammler- und Fischerkulturen darstellten. Deshalb war es sehr wahrscheinlich, dass das bisher weitgehende Fehlen mesolithischer Funde in der Wismar-Bucht lediglich eine Forschungslücke darstellt. Sie sollte seit 1998 durch eine gezielte unterwasserarchäologische Prospektion steinzeitlicher Siedlungsplätze geschlossen werden. Bei diesen Untersuchungen, die z. T. in Zusammenarbeit mit dem Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) bzw. mit dem Landesverband für Unterwasserarchäologie Mecklenburg-Vorpommern e.V. (LUMV) erfolgten, wurden mehrere neue Fundstellen mit unterschiedlichen Erhaltungszuständen entdeckt (Abb. 2), von denen zwei im Folgenden näher vorgestellt werden.

Abb. 5. Poel 16, Ostsee II (Jäckelberg-Nord). Flint- und Knochengeräte. 1 Pfeilschneide; 2 Abschlagbohrer; 3,6 Klingenstichel; 4,5 Klingen mit Schrägendretusche; 7-9 Klingen mit partiellen Kantenretuschen; 10 Knochenspitze. (Zeichnungen J. Freigang).

Der bislang älteste Siedlungsplatz Poel 16 ("Jäckelberg-Nord") befindet sich etwa 1,5 SM nördlich der Insel Poel (Abb. 2). Bei einer unter der Leitung von Prof. J. Harff, Sektion Marine Geologie, IOW, im Oktober 1999 durchgeführten Ausfahrt mit dem Forschungsschiff "Professor Albrecht Penck" konnte durch den Einsatz von Side-Scan-Sonar und einem geschleppten Videoschlitten am nordöstlichen Rand des "Jäckelberges" – ein der Insel Poel vorgelagerter submariner Geschiebemergelrücken – in ca. 7 m Wassertiefe eine ausstreichende Bank aus organogenem Sediment lokalisiert werden (Abb. 3). Sie besteht im Liegenden aus einer limnischen Mudde, die im Hangenden einen zunehmend höheren Anteil mariner Mollusken als deutlichen Hinweis auf den Meeresspiegelanstieg enthält. Mehrere in die Mudde eingelagerte große Eichenstämme müssen aufgrund der vorhandenen Baumstubben autochthonen Ursprungs sein. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um die Reste eines in Folge der Litorina-Transgression ertrunkenen Küstenwaldes aus dem Atlantikum. Am Rande der Sedimentbank wurden zahlreiche Flintartefakte aufgelesen, die auf die Existenz eines steinzeitlichen Siedlungsplatzes in der näheren Umgebung hinwiesen.

Die Lage des Siedlungsareals konnte bei nachfolgend durchgeführten Ausfahrten genauer eingegrenzt und durch Einbringung von Saugschnitten auch in situ befindliches Fundmaterial geborgen werden. Nach den bisherigen Erkenntnissen sind uferfernere Teile der damaligen Abfallzone im Flachwasserbereich mit einzelnen Artefakten erhalten. Der ehemalige Siedlungsplatz und die unmittelbare Uferzone dürften hingegen bereits weitgehend der Erosion zum Opfer gefallen sein. Besonders bemerkenswert sind Reste von Holzpfählen von bis zu 1 m Länge, von denen einzelne Stümpfe senkrecht im Sediment steckend beobachtet wurden (Abb. 4). Nach Befunden dänischer Stationen (Pedersen 1995; 1997) werden sie zu einem im Flachwasser errichteten Fischzaun gehört haben. Unter den Knochen- und Geweihresten existieren sich eine 133 mm lange einfache Knochenspitze (Abb. 5;10) und eine durch Ringkerbung abgetrennte und mit lateraler Bohrung versehene Hirschgeweihkrone (Abb. 6). Zu den Flintartefakten zählen neben sehr vielen Abschlägen und einzelnen einfachen Abschlagkernsteine auch zahlreiche regelmäßig geformte schlanke Klingen. Sie zeigen fast ausschließlich typische Merkmale einer weichen indirekten Schlagtechnik, wie sie für das Spät- und Endmesolithikum charakteristisch ist. Hart geschlagene Klingen treten hingegen nur vereinzelt auf. Als Geräte sind außer einigen aufgrund von Abrollungsspuren nur schwer zu bestimmenden partiell retuschierten Klingen (Abb. 5;7-9) und Abschlägen ein Abschlagbohrer (Abb. 5;2), zwei Klingen mit Schrägendretusche (Abb. 5;4,5), zwei Klingenstichel (Abb. 5;3,6) und das geglühte Fragment einer querschneidigen Pfeilschneide (Abb. 5;1) zu nennen.

Abb. 6. Poel 16, Ostsee II (Jäckelberg-Nord). Geweihkrone, durch Ringkerbung abgetrennt und lateral durchbohrt. (Foto S. Suhr, LBD).

Aufgrund der Wassertiefe von ca. -7 mNN war für den Fundplatz Jäckelberg-Nord im Vergleich zu den weiteren neu entdeckten Stationen in der Wismar-Bucht ein höheres Alter anzunehmen. Mittlerweile liegen die Ergebnisse zweier 14C-Proben vor, die von einem der abgeborgenen Pfostenstümpfe (Abb. 4) bzw. von einem Tierknochen stammen und die Fundstellen in einen Zeitraum zwischen 5.100 und 5300 v. Chr. datieren (Tab. 2 u. Abb. 24). Unter der Voraussetzung, dass diese Daten durch die Ergebnisse weiterer eingereichter 14C-Proben bestätigt werden, ist der Fundplatz der frühen Ertebølle-Kultur zuzuweisen, deren Beginn in Norddeutschland spätestens um 5.400 v. Chr. anzusetzen ist (Hartz 1997). Auch die formale Analyse des bisher abgeborgenen Fundmaterial spricht für diesen Datierungsansatz, auch wenn dieses wegen des geringen Umfangs bislang nur von begrenzter Aussagekraft ist. So ist neben dem Auftreten von Pfeilschneiden mit gerade bis schwach konvex retuschierten Kanten eine Dominanz qualitätsvoller weich geschlagener Klingen auf dem zeitgleich datierten binnenländischen Fundplatz Schlamersdorf LA 5, Kr. Oldesloe (Hartz 1997) zu beobachten, während in den schleswig-holsteinischen Küsteninventaren der mittleren und jüngeren Ertebølle-Kultur (Hartz 1997/98; 1999) hart geschlagene Klingen zunehmend größere Bedeutung erlangen. Auch die beiden schrägendretuschierten Klingen – insbesondere das längere Exemplar mit dem bogenförmig ausgearbeiteten Distalende (Abb. 5;4) – entsprechen ähnlichen Stücken von Fundplätzen der älteren Ertebølle-Kultur auf Seeland (Petersen 1984). Allerdings deuten sich im Vergleich mit den seeländischen Inventaren auch regionale Unterschiede an, da dort im Gegensatz zu Norddeutschland hart geschlagene Klingen und schiefe Pfeilschneiden dominieren.

Abb. 7. Poel 12, Ostsee II (Timmendorf-Nordmole). Freiliegende Fundschicht mit Stein-, Knochen und Holzartefakten (Foto H. Lübke, LBD).

Ein weiterer mesolithischer Küstensiedlungsplatz (Poel 12, Ostsee II – "Timmendorf-Nordmole") mit einer ausgezeichneten Bewahrung von organischem Fundmaterial wurde im Juni 1999 bei einer Ausfahrt des Landesverbandes für Unterwasserarchäologie Mecklenburg-Vorpommern e.V. mit dem Kutter "Seefuchs" entdeckt (Förster u. Lübke 1999). Er liegt in ca. 2,5 bis 3,5 m Wassertiefe vor der Westküste der Insel Poel unweit des Timmendorfer Hafens (Abb. 2). Die bisherigen Untersuchungen haben ergeben, dass Kulturschichten in unterschiedlichem Erhaltungszustand in über 250 m Länge und bis zu 100 m Breite vorhanden sind. Deshalb wurde zunächst durch Einschlagen von mit Koordinaten versehenen Eisenrohren in einem Zehn-Meter-Abstand ein Vermessungssystem errichtet, dessen genaue Einmessung mit einer Totalstation vom nahen Land her erfolgte. Nachdem in einer Ausdehnung von 210 x 80 m die wesentlichen Bereiche des Fundplatzes erfasst waren, begann die Überprüfung des Erhaltungszustandes der Fundschichten durch Sondageschnitte. Bei der Freilegung der Schichten mit einem Hydrolift (Abb. 9) wurde das Sauggut am Ende des Spülrohres in Netzen aufgefangen und über Wasser kleinere Artefakte sowie Tier- und Pflanzenreste ausgelesen. Die einzelnen Plana wurden pro Quadratmeter gezeichnet (Abb. 10), fotografiert und abschließend die Profile dokumentiert.

Abb. 8. Poel 12, Ostsee II (Timmendorf-Nordmole). Freiliegende Fundschicht mit Holzgeräten (Foto H. Lübke, LBD).

Im ufernahen, bereits weitgehend erodierten Bereich des früheren Siedlungsareals wurde in ca. 2,5 m Wassertiefe durch den Testschnitt I ein im Umriss etwa 3,5 x 2 m großer grubenartiger Befund angeschnitten. Die Verfüllung besteht aus einem sehr heterogenen muddigen Sediment mit unterschiedlichen Lehm- und Sandanteilen, in dem sich zahlreiche, z.T. bearbeitete Hölzer und andere archäologische Fundstücke befinden. Aufgrund der Textur der Verfüllung ist ein anthropogener Ursprung vorauszusetzen, ohne dass zur Funktion der Grube bislang nähere Angaben möglich sind. Dazu muss die vollständige Freilegung des Befundes abgewartet werden, die in der kommenden Grabungskampagne erfolgen soll.

Abb. 9. Poel 12, Ostsee II (Timmendorf-Nordmole). Tauchgrabung 2000. Freilegung der Fundschicht. (Foto H. Lübke, LBD)

Der Testschnitt II liegt in etwa 100 m Entfernung im äußeren Bereich des Fundplatzes. In ca. 3,5 m Wassertiefe wurde unter einem durch Eisenoxidausfällungen verbackenem sandig-kiesigen Sediment eine maximal 15 cm mächtige sandig-muddige Kulturschicht angetroffen. In ihr befanden sich zahlreiche un-patinierte und kantenscharfe Flintartefakte, die sich zum großen Teil wieder zusammenpassen lassen. Dazwischen traten hitzezermürbte Feldsteine, z.T. angekohlte oder bearbeitete Hölzer sowie Keramikfragmente und Tierknochen auf. Im Randbereich der Konkretion streicht die Kulturschicht teilweise nur von einer wenige Zentimeter starken Feinsandschicht überlagert unmittelbar am Meeresboden aus, so dass einzelne Holzgeräte wie z.B. eine Aalstechersprosse direkt von der Oberfläche abgesammelt werden mussten. Wegen der geringen Mächtigkeit der Fundschicht müssen sich in diesem Areal entweder noch Teile des eigentlichen Siedlungsplatzes oder aber die unmittelbar anschließende, zur Abfalldeponierung genutzte Uferzone befunden haben. Die verkohlten Holzscheite und die hitzezermürbten Feldsteine könnten von Feuerstellen stammen, aber die erhaltenen Hölzer setzten bereits ein feuchtes Milieu zur Zeit der Einlagerung voraus, so dass eher von einem Uferbereich auszugehen ist. Die gute Erhaltung insbesondere der Holzgeräte so nahe an der Oberfläche des Meeresbodens zeigt, dass die Fundschichten erst in jüngerer Zeit durch einen submarinen Erosionsprozess freigelegt wurden, denn sonst hätte das Benthos diese Artefakte längst zerstört.

Abb. 10. Poel 12, Ostsee II (Timmendorf-Nordmole). Tauchgrabung 2000. Zeichnen der Fundschicht. (Foto H. Lübke, LBD)

Im Frühjahr 2000 musste die geplante Freilegung der Testschnitte III und IV zunächst ausgesetzt werden, da durch die Winterstürme in der Nähe von Schnitt II größere Teil der mit Seegras bewachsenen steinig-kiesigen Deckschicht abgespült waren und die steinzeitliche Kulturschicht mit gut erhaltenem Fundmaterial unmittelbar am Meeresboden anstand (Abb. 7). An der Erosionskante ragten Reste eines Einbaums aus dem Profil (Abb. 11) und in der Fläche lagen zahlreiche bearbeitete Hölzer frei, darunter wiederum auch einzelne Aalstechersprossen (Abb. 8). Deshalb musste in diesem Bereich die Grabungsfläche V angelegt und mit der Bergung der Bootsreste begonnen werden.

Abb. 11. Poel 12, Ostsee II (Timmendorf-Nordmole). Freiliegende Fragmente eines Einbaums (Foto H. Lübke, LBD).

Die Fundschicht besteht hier aus einem bis zu 40 cm mächtigen schwach kiesigen Sand, in den mehrfach dünne Lagen aus organischem Substrat eingeschaltet sind. Diese enthalten überwiegend feine Pflanzenreste und Holzkohlepartikel, aber auch zahlreiche Reste kleinerer Wirbeltiere (Fische, Vögel, Kleinsäuger, etc.) sowie bearbeitetes Holz. Dazu gehören unterschiedlich große Stücke abgeschälter Baumrinde, einfache beidseitig angespitzte Holzruten von bis 1,5 m Länge sowie weitere meist gut erhaltene Holzgeräte. Unter der Sandschicht folgt eine Mudde mit Schilf- und Holzresten, die im oberen Teil noch einzelne Artefakte enthält, im übrigen aber fundfrei ist. Da die Fundstücke überwiegend in den Sand eingelagert sind, muss die Sedimentation relativ rasch erfolgt sein, so dass keine allzu große zeitliche Tiefe zu erwarten ist. Wahrscheinlich handelt es hierbei um eine Stillwasserzone im Uferbereich, in der in unbestimmten Abständen zunächst verdriftetes und dann auf den Boden abgesacktes organisches Material durch Überflutungen mit Sand abgedeckt wurde.

Zusammenfassend bleibt als Ergebnis der bisher durchgeführten Sondagen festzuhalten, dass zwar größere Teile der Oberfläche des höher gelegenen früheren Siedlungsareals sicher der Erosion zum Opfer gefallen sind, da unter einer bis zu 20 cm mächtigen grobkiesigen Deckschicht mit unzähligen unterschiedlich stark abgerollten Steinartefakte bereits großflächig abradierte Mergelflächen anstehen. Eingetiefte Siedlungsbefunde sind aber auch hier erhalten, wie die durch Testschnitt I erfasste Grube zeigt. In den etwas tiefer gelegenen Bereichen ist zudem zumindest der Randbereich des Siedlungsplatzes und die davor im Ufersaum gelegene organogene Uferzone mit hervorragend konserviertem Fundmaterial aus Stein, Keramik, Geweih, Knochen und Holz vorhanden. An einigen Stellen steht die erhaltene Kulturschicht mit unpatinierten Flintartefakten, großen Keramikfragmenten, Knochen- und Geweihgeräten sowie wohl erhaltenen Holzverarbeitungsabfällen und Holzgeräten unmittelbar unter einer von Seegras durchwurzelten Sandschicht von wenigen Zentimetern Mächtigkeit an, so dass hier aufgrund der starken Gefährdung akuter Handlungsbedarf besteht.

Abb. 12. Poel 12, Ostsee II (Timmendorf-Nordmole). Holzgeräte. 1-7 Aalstechersprossen. (Zeichnungen J. Freigang, LBD).

Unter dem Fundmaterial sind besonders die verschiedenen Holzfunde hervorzuheben. Bei den abgeborgenen Bootsresten handelt es sich zunächst um ein 1,20 m langes Fragment einer Bordwand sowie um weitere kleinere Holzstücke, deren Zugehörigkeit zum selben Boot allerdings nicht gesichert ist. Während damit in Norddeutschland zum ersten Mal Reste eines oder mehrerer endmesolithischer Einbäume entdeckt wurden, kam es in Dänemark bereits häufiger zur Freilegung vergleichbarer Befunde in der Uferzone endmesolithischer Siedlungsplätze (Andersen 1985; 1987; 1991; Christensen 1990; 1997; Myrhøj u. Willemoes 1997; Rønne 1997). Dabei konnten nur selten ganze oder annähernd vollständige Boote erfasst werden, da diese Fahrzeuge mit Wandstärken von nur wenigen Zentimeter offenbar nach der Nutzungsaufgabe meist schnell auseinanderbrachen und die einzelnen Bruchstücke durch das aufliegende Sediment flachgepresst eingelagert wurden. Sehr wahrscheinlich befinden sich auch in Timmendorf-Nordmole im Umfeld der abgeborgenen Stücke weitere, wohl auch größere Bootsteile.

Abb. 13. Poel 12, Ostsee II (Timmendorf-Nordmole). Holzgeräte. 1- 3 Vorarbeiten für Aalstechersprossen; 4 angespitzter Holzstab; 5 Holzstab mit umlaufender Einkerbung und zugeschnittenem Abschluss.  (Zeichnungen J. Freigang, LBD).

Zu den Holzgeräten zählen neben einzelnen indifferenten Bruchstücken vor allem Aalstechersprossen, sogenannte Schalme (Meurers-Balke 1981; Mertens 1998; 2000), von denen bisher einschließlich der Vorarbeiten insgesamt 46 Exemplare vorliegen. Davon stammen allein 37 Stück aus dem nicht mehr als 10 m² umfassenden Umfeld der Fläche V. Bemerkenswert ist, dass es sich dabei – von geringen Beschädigungen an den Enden abgesehen – überwiegend um vollständige Exemplare handelt. Sowohl in der Größe als auch in der Formgebung ist eine große Variabilität festzustellen (Abb. 12;1-7). Die Länge der vollständigen Stücke schwankt zwischen 176 und 340 mm und die Spitzenpartie kann eine sehr schlanke, z.T. weit ausladende oder eine breitere, kurze gedrungene Form haben. Einzelne Schalme zeigen an der Spitze deutliche Abnutzungsspuren oder Schnurabdrucke am Stiel, die von der Schäftung herrühren (Abb. 12;2,3). Interessant sind auch die Vorarbeiten, da sie den Fertigungsvorgang dieser Geräte lückenlos veranschaulichen. Neben einfachen vom Baum geschnittenen Astgabeln und teilweise zugeschnittenen Zwischenprodukten sind auch fast fertige Formen vorhanden (Abb. 13;1-3).

Abb. 14. Poel 12, Ostsee II (Timmendorf-Nordmole).
Paddelfragment. (Zeichnung J. Freigang, LBD).

Zu den anderen Holzgeräten gehört u.a. ein Holzstab, der an einem Ende mit einer umlaufend eingeschnittenen Einkerbung und einem sorgfältig zugeschnitzten Abschluss versehen ist (Abb. 13;5). Das andere Ende war leider bereits durch den Schiffsbohrwurm (Teredo navalis) zerstört, da das Stück an der Oberfläche lag. Die Funktion ist deshalb nicht sicher zu erschließen. Möglicherweise handelt es sich um den Schaft eines Aalstechers. Außerdem ist ein wahrscheinliches Paddelfragment zu nennen, dass mit seinem ovalen Blatt allerdings nicht den bisher bekannten langschmalen lanzettförmigen oder den kurzen wappenschild- bzw. herzförmigen Exemplaren der Ertebølle-Kultur (Andersen 1987; Hartz u. Lübke 1999; 2000) entspricht (Abb. 14). Neben den Holzgeräten konnten zahlreichen ein- oder beidseitig angespitzte dünne Holzstäbe bzw. -ruten beobachtet werden, bei denen es sich wahrscheinlich um Flechtwerkreste eines Fischzauns handelt (Abb. 13;4).

Knochen- und Geweihgeräte liegen nur in geringer Stückzahl vor. Geweihäxte fehlen bisher völlig. Am häufigsten sind einfache kleine Knochenpfrieme, die entweder als Einsätze für Aalstecher – als sogenannter "Kels" (vgl. Meurers-Balke 1981) – oder als Teile von Komposit-Angelhaken (vgl. Hirschberg u. Janata 1986, 225; Andersen 1995) gedient haben können (Abb. 15;2-7). Hinzu kommen entsprechende Vorarbeiten wie z.B. ein bearbeiteter Rothirsch-Langknochen mit einem fast vollständig herausgetrennten Knochenspan (Abb. 15; 9) sowie als Abfallprodukte durch Ringkerbung abgetrennte Gelenkenden. Zu den weiteren Geräten zählen ein Ellenbogendolch, das Spitzenfragment einer Harpune vom Typ A (Abb. 15;1; Andersen 1995; 1995-96) und zwei Vorarbeiten für Eberzahnmesser (Abb. 15;10-11). Als Schmuckanhänger ist ein langrechteckiges, mit Randkerben verziertes Geweihplättchen anzusprechen, das an einer Schmalseite eine ausgebrochene Durchbohrung besitzt (Abb. 15;8).

Abb. 15. Poel 12, Ostsee II (Timmendorf-Nordmole). 1 Harpunenfragment aus Rothirschgeweih; 2-7 Knochenspitzen; 8 Anhänger aus Rothirschgeweih; 9 bearbeiteter Rothirsch-Langknochen mit fast vollständig herausgetrenntem Knochenspan; 10,11 bearbeitete Eberzähne.  (Zeichnungen J. Freigang, LBD).

Unter der Keramik befinden sich fast ausschließlich Scherben einer dickwandigen, grob gemagerten Ware, die in U-Aufbautechnik gefertigt wurde und zu spitzbodigen Gefäßen mit S-förmigen Profil gehört. Neben einzelnen Umbruchscherben (Abb. 16;2-3,6) sind ein – allerdings nicht sehr ausgeprägter – Spitzboden (Abb. 16;5) und eine mit einfachen Einstichen unter dem Rand versehene Randscherbe (Abb. 16;1) hervorzuheben. Vergleichbar verzierte dickwandige Keramik ist u.a. von den Ertebølle-Fundplätzen Ringkloster und Norsminde in Jütland (Andersen 1989; 1994; 1994-95) sowie Löddesborg in Schonen (Jennbert 1988; 1994) bekannt. Daneben gibt es einige wenige organisch gemagerte Scherben (Abb. 16;4), die von Tonlampen stammen.

Abb. 16. Poel 12, Ostsee II (Timmendorf-Nordmole). Keramik. 1 Verzierte Randscherbe; 2,3,6 Wandungsscherben; 4 Randscherbe einer Tonlampe; 5 Spitzboden. (Zeichnungen J. Freigang, LBD).

Die dominierende Artefaktgruppe bilden erwartungsgemäß die Steingeräte und deren Herstellungsabfälle. Es sind fast ausschließlich Flintartefakte überliefert, Geräte aus Felsgestein liegen nur vereinzelt vor. Hinzuweisen ist lediglich auf das Bruchstück eines doppelkonisch durchbohrten Keulenkopfes, (Abb. 22) wie er in ähnlicher Form auch von dem schleswig-holsteinischen Fundplatz Rosenhof bekannt ist (Hartz 1999, Taf. 2;4).

Abb. 17. Poel 12, Ostsee II (Timmendorf-Nordmole). Auswahl von Scheibenbeilen. (Foto S. Suhr, LBD).

Unter den Flintartefakten sind neben vielen Abschlägen, einigen einfachen Abschlagkernsteinen und einzelnen Klingenkernsteinen vor allem zahlreiche Klingen vorhanden. Im Gegensatz zum Fundplatz Jäkkelberg-Nord ist aber der Anteil unregelmäßiger, in einfacher Hartschlagtechnik hergestellter Klingen sehr viel höher und liegt hier bei annähernd 50 Prozent. Dennoch sind die meisten Klingengeräte aus schlanken, weich geschlagenen Exemplaren gefertigt. Dazu gehören vor allem Stücke mit gerader oder konkaver Endretusche, die z.T. zusätzlich ausgeprägte proximale Schäftungsretuschen haben. Daneben existieren Kratzer, Stichel und kantenretuschierte Formen (Abb. 19). Unter den Abschlaggeräten sind Kratzer und verschiedene Bohrer zu nennen (Abb. 20).

Abb. 18. Poel 12, Ostsee II (Timmendorf-Nordmole). Auswahl von Scheibenbeilen. (Foto S. Suhr, LBD).

Die häufigste Gerätegruppe sind Scheibenbeile, von denen nach Entdeckung des Platzes innerhalb weni-ger Tauchgänge mehr als 80 Exemplare aufgelesen werden konnten. Mittlerweile beträgt die Stückzahl über 100 Beile, unter denen sich sehr unterschiedliche Formen befinden (Abb. 17; Abb. 18). Neben einfachen flächig bearbeiteten Stücken gibt es auch solche mit spitzer Basis oder breite, flache dechselartige Objekte. Ein Scheibenbeil besitzt eine spezialisierte Schneidenzurichtung, wie sie sonst nur von Kernbeilen bekannt ist. Kernbeile sind eher selten und von sehr unregelmäßiger Gestalt.

Abb. 19. Poel 12, Ostsee II (Timmendorf-Nordmole). Auswahl von Klingengeräten. (Foto S. Suhr, LBD).

Die in der Regel ebenfalls sehr häufig vorhandenen Pfeilschneiden liegen bisher nur in geringer Stückzahl vor (Abb. 21). Sie sind im Gegensatz zu den größeren Artefakten bei der Oberflächenprospektion schwer zu finden und wurden deshalb fast ausschließlich aus dem in Netzen aufgefangenen Sauggut der Testschnitte ausgelesen. Die insgesamt 15 Projektile sind von trapezoider Form mit schwach konkav bis gerade retuschierten Kanten und z.T. auffällig klein.

Abb. 20. Poel 12, Ostsee II (Timmendorf-Nordmole). Auswahl von Abschlaggeräten. (Foto S. Suhr, LBD).

Aus dem ausgeschlämmten Boden der Suchschnitte konnten neben zahlreichen Holzkohlestückchen gut erhaltene Kleinsäuger- und Fischknochen sowie pflanzliche Großreste aussortiert werden, deren vorzüglicher Zustand umfangreiche naturwissenschaftliche Begleituntersuchungen ermöglicht. Eine vorläufige Bestimmung (Tab. 1) des archäozoologischen Materials aus den beiden ersten Testschnitten durch D. Heinrich, Institut für Haustierkunde der CAU, Kiel, ergab, dass neben Landsäugern wie Rothirsch oder Wildschwein auch Robben und Wasservögel bejagt wurden. Mit Ausnahme des Hundes sind Haustiere derzeit nicht nachweisbar. Auffällig ist ein sehr hoher Anteil von Fischresten, wie er bisher an keinem anderen Fundplatz dieser Zeit an der deutschen Ostseeküste überliefert ist. Dabei dominiert der Aal, gefolgt vom Dorsch, aber auch andere Arten sind vorhanden. Eine ähnliche Faunenzusammensetzung ist von den nordjütländischen Stationen Bjørnsholm und Ertebølle bekannt (Enghoff 1987; 1995). Vorbehaltlich des geringen Umfangs des zur Zeit ausgewerteten Materials handelt es sich bei dem Fundplatz "Timmendorf-Nordmole" offensichtlich um eine Küstenstation mit primärer Nutzung mariner Ressourcen, während der Jagd auf Landsäuger nur eine komplementäre Bedeutung zukam. Damit bestand in der Subsistenzökonomie trotz der relativen räumlichen Nähe ein deutlicher Gegensatz zu den bislang bekannten zeitgleichen Fundplätzen in Ostholstein, auf denen die Nutzung limnisch-mariner Ressourcen nur einen untergeordneten Stellenwert hatte (Hartz 1997/98; ders. u.a. 2000; im Druck; Heinrich 1997/98).

Abb. 21. Poel 12, Ostsee II (Timmendorf-Nordmole). Auswahl von Pfeilschneiden. (Foto S. Suhr, LBD).

Bereits das unmittelbar nach der Entdeckung abgeborgene archäologische Fundmaterial des Platzes zeigte an, dass Timmendorf-Nordmole eine Station der endmesolithischen Ertebølle-Kultur ist. Dieser Datierungsansatz wurde durch weitere Untersuchungen bestätigt. Die im Flintgerätespektrum dominierenden zahlreichen flächig bearbeitete Scheibenbeile, der annähernd gleich hohe Anteil in weicher bzw. in harter Schlagtechnik hergestellter Klingen, die charakteristischen Hohlendklingen mit z.T. kräftig ausgebildeter Schäftungsretusche und das Beil mit spezieller Schneidenzurichtung weisen zudem darauf hin, dass es sich um eine jüngere Phase dieser Kultur handeln muss (Hartz 1999). Unterstützt wird dieser Ansatz auch durch die grob gemagerte, dickwandige Keramik mit typischem U-Aufbau, die z.T. mit einfacher Punktverzierung versehen ist und der von anderen Ertebølle-Fundplätzen bekannten Tonware entspricht (Andersen 1994-95; Jennbert 1988; 1994).

Abb. 22. Poel 12, Ostsee II (Timmendorf-Nordmole).
Keulenkopffragment aus Felsgestein. (Zeichnung J. Freigang, LBD).

Der bislang einzige jüngere Fund ist ein Schneidenfragment eines dickblattig-dünnnackigen Beils mit Vollschliff, das an der Oberfläche im Randbereich des Siedlungsareals gefunden wurde. Da dieses Artefakt einen Scharnierbruch ohne weitere Bearbeitungsmerkmale zeigt, kann es auch als singuläres Stück bei einem Arbeitsunfall verloren gegangen sein. Aufgrund der guten Erhaltungsbedingungen hätte eine neolithische Besiedlung auch entsprechende Keramik oder weitere Artefakte mit Schlifffacetten hinterlassen müssen.

Für eine naturwissenschaftliche Altersbestimmung des Fundplatzes Timmendorf-Nordmole liegen bisher zwölf AMS-Datierungsergebnisse zu verschiedenen Artefaktgruppen vor (Tab. 2 u. Abb. 23). Acht Proben stammen von verkohlten Speisekrusten bzw. Brennrückständen, die Keramikscherben anhafteten, drei von Tierknochen und eine von einer Aalstechersprosse. Insgesamt gesehen ergibt sich ein recht einheitliches Bild, das mit dem archäotypologische Datierungsansatz übereinstimmt. Die Fundstelle datiert in einen Zeitraum zwischen 4500 und 4100 v. Chr. und gehört zu einer jüngeren Phase der Ertebølle-Kultur.

Lediglich die Probe KIA-9500 fällt mit 4623±63 calBC älter aus. Da es sich hierbei aber um den Brennrückstand einer Tonlampe handelt, muss abgewartet werden, ob dieses Datum durch weitere Ergebnisse bestätigt wird. Auch auf dem Fundplatz Wangels hat der Brennrückstand einer Tonlampe (KIA-6995) im Vergleich zum übrigen Probenmaterial ein sehr viel höheres Alter ergeben (vgl. Hartz 1997/98; Tab. 1), so dass möglicherweise das verwendete Brennmaterial ein zu hohes 14C-Alter verursacht haben kann. Die übrigen Daten gruppieren sich in eine aus fünf Proben bestehende ältere Serie mit Werten um 4.400 calBC und eine jüngere mit Werten zwischen 4.300 und 4.100 calBC, ohne dass diese mit verschiedenen Schnitten oder Befunden verknüpft werden können. Sowohl aus der im Testschnitt I angeschnittenen Grube als auch aus Testschnitt II stammen Proben der älteren und jüngeren Serie. Eine horizontalstratigrafische Gliederung des Fundplatzes zeichnet sich somit beim derzeitigen Erkenntnisstand nicht ab.

Die Daten belegen die Existenz einer zwischen 4500 und 4100 v. Chr. zu datierenden jüngeren Phase der endmesolithischen Ertebølle-Kultur an der norddeutschen Ostseeküste. Sie stehen im Widerspruch zu der von H. Schwabedissen (1979 a; 1979 b; 1994) und von J. Hoika (1990; 1994) unter Berufung auf die Grabungsergebnisse des Fundplatzes Grube-Rosenhof LA 58, Kr. Ostholstein, vertretenen Auffassung, dass der Beginn der frühneolithischen Trichterbecherkultur mit der Rosenhof-Gruppe in Norddeutschland bereits um 4400/4300 v. Chr. anzusetzen sei. Auf die stratigrafischen Probleme dieses über mehr als 1000 Jahre genutzten Siedlungsplatzes und auf die unsichere absolutchronologische Einordnung der Rosenhof-Gruppe ist an anderer Stelle bereits ausführlich hingewiesen worden (Hartz 1999; Lübke 2000).

Abb. 23. Radiokarbondaten der Fundstellen Wangels 505, Kr. Ostholstein (n. Hartz 1997/98; ders u. a. 2000); Poel 16 (Jäckelberg-Nord), Ostsee II; Poel 12 (Timmendorf-Nordmole), Ostsee II und Parow 4, Lkr. Nordvorpommern (n. Lübke u. a. 2000). Kreis: Ertebølle-Keramik, Quadrat: Trichterbecher-Keramik, Rhombus: sonstiges Proben-material. (Grafik H. Lübke, LBD)

Die dort vorgebrachte Kritik wurde durch die Grabungsergebnisse des schleswig-holsteinischen Fundplatz Wangels LA 505, Kr. Ostholstein, bestätigt (Hartz 1997/98, ders. u.a. 2000; im Druck). Dort wurden in der Uferzone eines steinzeitlichen Siedlungsplatzes in einer basalen Fundschicht Artefakte der endmesolithischen Ertebølle- und der frühneolithischen Trichterbecherkultur angetroffen. Eine stratigrafische Differenzierung des Fundmaterials war zwar nicht möglich, doch konnte durch AMS-Datierung von Speisekrusten charakteristischer Keramikscherben und anderer Artefaktgruppen eine mehrphasige Nutzung des Platzes nachgewiesen werden. Sie beginnt in der jüngsten Phase der Ertebølle-Kultur ab etwa 4400 v. Chr., die u.a. durch das Auftreten dickwandiger Spitzbodengefäße, ovaler Tonlampen, schaftretuschierten Hohlendklingen, schlanken Klingenkratzern, gezähnten Klingen, spezialisierten Kernbeilen, Felsgesteinbeilen und T-Äxten gekennzeichnet ist. Ab ca. 4100 v.Chr. tritt an deren Stelle ein Fundspektrum, das vor allem aus dünnwandigen Trichterrandgefäßen, weitmündigen Schalen, Flaschen, Ösenamphoren und Tonscheiben besteht und der frühneolithischen Trichterbecherkultur zuzuweisen ist. Es enthält alle von Schwabedissen (1979a; 1979b) für die Rosenhof-Gruppe beschriebenen Gefäßformen, so dass davon auszugehen ist, dass auch in Rosenhof die entsprechenden Warenarten zu einer Besiedlungsphase nach 4100 v. Chr. gehören. Deren Existenz ist bereits durch die 14C-Datierung von Haustierknochen nachgewiesen (Hartz 1997/1998; Heinrich 1997/98; Hartz u. a 2000; im Druck).

Die bisherigen Ergebnisse der Grabung Timmendorf-Nordmole sind ein weiterer Beleg dafür, dass an der norddeutschen Ostseeküste noch bis 4100 v. Chr. eine jüngere Phase der endmesolithischen Ertebølle-Kultur verbreitet war. Zudem bestätigen sie auch den Beginn der frühneolithischen Trichterbecherkultur nicht vor 4100 v.Chr. in dieser Region, da im Gegensatz zu Wangels keine frühneolithische Siedlungsphase nachweisbar ist. Das derzeit geborgene Fundmaterial gehört ausschließlich der jüngeren Ertebølle-Kultur an und entspricht im wesentlichen dem der älteren endmesolithischen Nutzungsphase in Wangels. Die zukünftigen Untersuchungen in Timmendorf-Nordmole werden eine weitere Abgrenzung dieser jüngeren Phase der Ertebølle-Kultur im Bereich der Mecklenburger Bucht ermöglichen. Dabei wird auch zu klären sein, in welchem Umfang Kulturkontakte zu den südlich beheimateten epi-bandkeramischen Kulturen bestanden haben und ob ähnlich wie in Ostholstein erste Haustiere feststellbar sind.

Abb. 24. Poel 15, Ostsee II (Timmendorf-Tonnenhaken). Keramik. (Foto S. Suhr, LBD).

Der Nachweis einer ältesten frühneolithischen Siedlungsphase fehlt bislang in der Wismar-Bucht. Insofern kann zum Problem der Entstehung der Trichterbecherkultur und der damit verbundenen Frage der Neolithisierung Norddeutschland noch kein eigenständiger Beitrag geleistet werden. Allerdings wurde etwa einen Kilometer nördlich vom endmesolithischen Fundplatz Timmendorf-Nordmole in ca. 2,00 m Wassertiefe in einer ausstreichenden Torfbank eine steinzeitliche Kulturschicht mit vorzüglicher Erhaltung von Stein-, Knochen- und Geweihgeräten sowie von Keramik entdeckt (Abb. 2), die aufgrund der vorhandenen Tonscherben (Abb. 24) der frühneolithischen Trichterbecherkultur zuzuweisen ist. Ob es sich bei dem Fundplatz Poel 15, Ostsee II (Timmendorf-Tonnenhaken), um eine unmittelbare Nachfolgesiedlung der älteren Station Timmendorf-Nordmole handelt, ist derzeit nicht geklärt, da eine naturwissenschaftliche Datierung des Platzes noch aussteht. Eine Untersuchung dieser Fundstelle ist für das kommende Jahr geplant. Die ausgezeichneten Erhaltungsbedingungen sind gute Voraussetzungen, um auch hier einen umfassenden Einblick in die ökologischen Voraussetzungen und die ökonomische Struktur des Siedlungsplatzes zu erhalten.

Die durchgeführten Untersuchungen haben nicht nur neue Erkenntnisse zur archäologischen Besiedlungsgeschichte geliefert, sondern sind auch für die meeresgeologische Forschung zum Verlauf der Litorina-Transgression in dieser Region von Bedeutung. Sie stehen im Widerspruch zu der von W. Schuhmacher (1991) für die Wismar-Bucht vorgelegte Strandlinienverschiebungskurve, die auf nicht eindeutig zu datierenden Wasserstandsmarken einer morphologischen und sedimentologischen Analyse des Rustwerder-Strandwallsystems im Südwesten der Insel Poel basierte und deren zeitliche Einstufung über eine Korrelation mit Transgressionsdaten aus Schleswig-Holstein (Klug 1980; Klug u.a. 1974; Köster 1967) erfolgte. Für die Zeit vor 4000 v. Chr. wurde noch ein Wasserspiegelstand von unter -7 m NN angenommen und erst um 2000 v. Chr. sollte das -3 m NN-Niveau erreicht worden sein. Die neuen Untersuchungen haben aber gezeigt, dass der Meeresspiegel das -7 mNN-Niveau bereits um 5100 v.Chr. erreicht hatte und sich zwischen 4400 und 4100 v. Chr. bei ca -3 mNN befunden haben muss. Der Transgressionsverlauf in der Wismar-Bucht entspricht somit in weit stärkerem Maße der für Ostholstein und die Kieler Bucht vorgelegten Strandlinienverschiebungskurve (Klug 1980; Klug u.a. 1974) als bislang angenommen. W. Schuhmacher (1991) hatte diese Möglichkeit ebenfalls erwogen, sie aber nicht zuletzt deshalb für unwahrscheinlich gehalten, weil die von ihm vorgelegte Kurve archäologische Stützung durch K. Rassmann (1993, 71) erhielt, der aufgrund älterer Angaben von R. Beltz (1910, 122) das Vorhandensein spätneolithischer und frühbronzezeitlicher Siedlungsplätze in einem Niveau von ca. -3 mNN annahm. Eine Überprüfung dieser vermeintlichen Siedlungsbefunde ergab jedoch, dass es sich bei den beobachteten Pfählen um Reste des hansezeitlichen Wismarer Hafens (Förster 1995) und bei den Geweihgeräten (Bastian 1962, 99) um Marlspieker dieser Zeit handelt.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die bisherigen Untersuchungen submariner steinzeitlicher Siedlungsplätze in der Wismar-Bucht einen wichtigen Beitrag zur Besiedlungsgeschichte und zur Küstenentwicklung im deutschen Ostseegebiet haben leisten konnten. Neben neuen Daten zum Meeresspiegelanstieg bestätigen sie auch die jüngsten Forschungsergebnisse in Schleswig-Holstein, die zu einer Neudatierung des Beginns der Trichterbecherkultur und damit auch der Neolithisierung in Norddeutschland geführt haben. Zudem liefern sie erste Hinweise auf eine mögliche Unterteilung der Ertebølle-Kultur dieser Region in mehrere Phasen, da Timmendorf-Nordmole den jüngsten und Jäckelberg-Nord den ältesten Abschnitt dieser Kultur repräsentieren. Weitere Forschungen müssen eine umfassenden Einblick in die materielle Kultur und in die ökonomischen Strukturen dieser Plätze zum Ziel haben. Außerdem sind zusätzliche Fundplätze zu lokalisieren, die auch den bislang nicht erfaßten mittleren Abschnitt der Ertebølle-Kultur abdecken, um so einen Gesamtüberblick zur Entwicklung dieser Kultur in der Mecklenburger Bucht zu erhalten. Ein weiteres Ziel sollte die Erforschung frühneolithischer Stationen sein, um neue Erkenntnisse zum Entstehungsprozess der Trichterbecherkultur und der damit verbundenen Neolithisierung Norddeutschlands zu gewinnen. Die ausgezeichneten Erhaltungsbedingungen für organisches Material auf submarinen steinzeitlichen Fundplätzen ermöglichen umfassende kulturökologische Studien zu den ökologischen Voraussetzungen und zum ökonomischen Wandel in dieser Zeit.


Dr. Harald Lübke

Landesamt für Bodendenkmalpflege
Mecklenburg-Vorpommern
Schloß Wiligrad
D-19069 Lübstorf

Tel: +49 3867 8805
Fax: +49 3867 8806
archaeomuseum.m-v@t-online.de

 

Säugetiere [S  » 50]
Vögel [S  » 100]
Fische [S  » 800]
Rothirsch
Cervus elaphus
++
Enten
Anatinae
+++
Aal
Anguilla anguilla
++++
Reh
Capreolus capreolus
++
Gänse, Schwäne
Anserinae
+
Dorsch
Gadus morhua
+++
Wildschwein
Sus scrofa
+
andere
+
Hering
Clupea harengus
++
 
 
 
 
Plattfische
Pleuronectidae
++
Robbe
Phocidae
++
 
 
Stichling
Gasterosteus acul.
++
 
 
 
 
Barsch
Perca fluviatilis
+
Haushund
Canis lupus f. familaris
++
 
 
Karpfenfische
Cyprinidae
+
 
 
 
 
Lachs od. Forelle
Salmo sp.
+

Tab. 1. Poel 12, Ostsee II (Timmendorf-Nordmole). Liste der bisher nachgewiesenen Tierarten (++++: sehr häufig; +++: häufig; ++: weniger häufig; +: selten); nicht aufgeführt sind Kleinsäuger (Mäuse, etc.) und Amphibien (Schildkröte, Frösche, etc.). Analysen durch D. Heinrich, CAU Kiel.

  

Proben-Nr. Alter BP  Alter calBC dC13  Artefakt
Timmendorf-Nordmole
KIA-8443   5604±29   4404±40   -13,8   Tierknochen, Robbe
KIA-8444   5621±29   4431±47   -11,0   Tierknochen, Hund
KIA-8445   5362±39   4237±75   -24,3   Speisekruste Wandscherbe
KIA-8446   5380±30   4268±58   -27,3   Speisekruste Wandscherbe
KIA-8447   5335±29   4156±65   -26,7   Speisekruste Wandscherbe
KIA-9496   5420±42   4279±42   -23,5   Speisekruste Spitzboden
KIA-9497   5560±40   4389±41   -23,8   Speisekruste Wandscherbe
KIA-9498   5323±35   4147±64   -31,7   Aalstechersprosse
KIA-9499   5456±37   4287±41   -22,8   Tierknochen, Rothirsch
KIA-9500   5791±39   4624±63   -19,8   Speisekruste Tonlampe
KIA-9501   5536±32   4384±43   -27,0   Speisekruste Wandscherbe
KIA-9825   5543±43   4387±44   -24,5   Speisekruste Randscherbe, verziert
Jäckelberg-Nord
KIA-10401  6.201±41  5115±62   -27,1   Holzpfosten
KIA-10402  6325±35   5283±42   -20,0   Tierknochen

Tab. 2. Liste der vorliegenden 14C-AMS-Daten verschiedener Artefaktgruppen der Fundplätze Poel 12 (Timmendorf-Nordmole) und Poel 16 (Jäckelberg-Nord), Ostsee II.

Literaturliste

Dank:

Für vielfältige Unterstützung und gute Zusammenarbeit danke ich J. Harff, R. Endler, W. Lemke, T. Leipe, F.Tauber (IOW); P. Grootes, F. Bruhn, D. Heinrich, A. Haffner, S. Hartz, W. Dörffler, H. Kroll (CAU Kiel); T. Terberger (EMAU Greifswald); J. Feiertag, M. Jörs (WSA Wismar); P. B. Richter (Bez.-Reg. Lüneburg); T. Förster und F. Lüth (LBD MV) sowie den Tauchern R. Bahlo, A. Frahm (IOW), M. Glöde, O. Grundmann, J. Krüger, H. Pohl, S. Präger, I. Schuffenhauer, R. Wilkens (LUMV); besonders aber J. Freigang und A. Grundmann (LBD MV), ohne deren unermüdlicher Einsatzbereitschaft die Grabungen nicht möglich gewesen wären.


Ursprünglich erschienen in: Harald Lübke. Timmendorf-Nordmole und Jäckelberg-Nord. Erste Untersuchungsergebnisse zu submarinen Siedlungsplätzen der endmesolithischen Ertebølle-Kultur in der Wismar-Bucht, Mecklenburg-Vorpommern. NAU - Nachrichtenblatt Arbeitskreis Unterwasserarchäologie 7, 2000, 17-35. Der Beitrag und die darin enthaltenen Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberschutzgesetzes ist ohne Zustimmung des Autors oder des Landesamtes für Bodendenkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Publiziert mit Genehmigung, Feb -01, in Nordic Underwater Archaeology. Das Nachrichtenblatt Arbeitskreis Unterwasserarchäologie (NAU) ist von der Kommission für Unterwasserarchäologie im Verband der Landesarchäologen in der Bundesrepublik Deutschland herausgegeben. Die Zeitschrift kann von Janus-Verlag abboniert oder bestellt werden.

Letztes Foto: Autor mit Reflektorstab für Positionsbestimmung, Foto von Roland Obst. Layout: Per Åkesson.


Zur Startseite Zurück zu Nordic Underwater Archaeology